Die hohen Anforderungen an heutige Produktionsprozesse hinsichtlich Flexibilität der eingesetzten Betriebsmittel und Werkzeuge, Herstellkosten und Zeitspannen der Entwicklung des Bauteils bis zur Serienreife können häufig nur durch den Einsatz spezialisierter Verfahren erfüllt werden. Am Institut für Umformtechnik werden neue Prozessrouten untersucht, um diesen Herausforderungen effizient zu begegnen. Die Forschungsthemen reichen hierbei von der Prozessoptimierung zur Reduktion von Ausschuss und Pressteilfehlern bis hin zu gänzlich neuartigen Verfahrenskombinationen zur Reduktion der Prozessschritte. Die entwickelten Verfahren zur Herstellung von modularen Antriebskomponenten und von hohlen Bauteilen durch Fließpressen bieten neue Möglichkeiten für moderne Mobilitätskonzepte, Leichtbau und Nachhaltigkeit.
Darstellung von konventionellen (2D) und neuartigen 3D-Fügeflächengeometrien
Im Maschinenbau werden reib- oder formschlüssige Welle-Nabe-Verbindungen durch Fügen der spanend fertigbearbeiteten Bauteile erzeugt. Für diese etablierten Fügeprozesse ist jedoch stets Spiel zwischen Welle und Nabe erforderlich, welches sich oft nachteilig auf die Verbindung im Betrieb auswirkt. Kalt gefügte, formschlüssige Verbindungen unterliegen somit einem Betriebsspiel, welches bei wechselnder Belastung zu Reibkorrosion und vorzeitigem Bauteilversagen führen kann. Bei warmgefügten reibschlüssigen Verbindungen hingegen besteht die Gefahr des Wiederanlassens bereits gehärteter Bauteile durch Wärmeentwicklung in den Kontaktflächen und der Entstehung von Oxidschichten in der Fügezone. Neuere Entwicklungen zeigen Möglichkeiten zur umformtechnischen Herstellung von Welle-Nabe-Verbindungen auf, ohne die oben genannten Nachteile. In Vorarbeiten des IFU und des Projektpartners IKTD wurde gezeigt, dass durch Quer-Fließpressen vielversprechende Ergebnisse bezüglich der Übertragungsfähigkeit derartiger Verbindungen erzielt werden können. Vorteilhaft ist dabei vor allem die Möglichkeit des kalten Fügens bei gleichzeitiger Erzeugung eines bleibenden Fugendrucks in der Verbindung. Zusätzlich entfällt die enge Tolerierung der Fügegeometrie von beiden Fügepartnern, da die Welle im Ausgangszustand als Rohteil vorliegt. Jedoch wurde bisher die sich einstellende ballige Kontur der querfließgepressten Welle bei der Gestaltung der Fügeflächengeometrie nicht berücksichtigt. Dies führt zu einer ungleichmäßigen Ausformung und Fugendruckverteilung in der Verbindung und somit zu einer hohen Reibdauerbeanspruchung bei wechselnder Belastung. Diese Thematik bildet daher Gegenstand aktueller Forschungsarbeiten der o.g. Institute.
Durch einen grundlegend neuen Ansatz werden die bisher unberücksichtigten Einflüsse aus dem Fügeprozess in die zukünftige Feingestaltung der Fügeflächengeometrie mit einbezogen. Mit einer neuartigen dreidimensionalen Gestaltung der Nabeninnengeometrie werden sowohl eine vollständige Ausformung als auch eine gezielte Modifizierung der Fugendruckverteilung in der Verbindung angestrebt. Dadurch kann die Reibdauerbeanspruchung minimiert und die bestehenden Potenziale zur weiteren Steigerung der statischen und dynamischen Übertragungsfähigkeit in Kombination mit höherfesten Werkstoffen voll ausgeschöpft werden. Durch die sorgfältige Berücksichtigung von Werkstoffeigenschaften mithilfe einer gekoppelten Methodik aus Umform- und Strukturmechaniksimulation wird ein universelles Gestaltungsmodell zur Geometrieentwicklung erarbeitet, welches geometrische, werkstoffliche, prozess- und anwendungsbedingte Anforderungen berücksichtigt und somit in einem umfassenden Anwendungsfeld gültig ist.
Laufzeit: 07.2018 - 06.2020
Biegung des Flachpakets mit anschließender Rückfederung
Im gemeinsamen Forschungsprojekt der Firma SEG und dem IFU wird das Flachpaketbiegen untersucht. Als Flachpaket bezeichnet man ein kammähnliches Elektroblechpaket mit eingelegten Kupferspulen, welches zu einem runden Stator für rotierende elektrische Maschinen gebogen wird. Ziel des Vorhabens ist es, diesen Biegeprozess derart zu optimieren, dass der Anteil von elektromagnetisch aktiven Bauteilen gesteigert und damit die abgegebene Leistung der Maschine erhöht werden kann. Es werden vorgewickelte Kupferlackspulen in das flache Blechpaket eingelegt und anschließend in einem mehrstufigen Rotationszugbiegeprozess rundgebogen. Daraus ergibt sich ein hoher Anteil an elektrisch aktivem Kupfer innerhalb der Statornuten. Die Herausforderung dieses Verfahrens besteht in den hohen Rundheitsanforderungen. Folglich ist es unumgänglich, den Radius nach dem, in der Abbildung dargestellten, Biege- und Rückfederungsvorgang zu bestimmen. Aufgrund der komplexen Kontaktbedingungen zwischen Kupferwicklung und Stahlblechpaket und der verschiedenen mechanischen Eigenschaften innerhalb der Baugruppe ist eine analytische Voraussage des Rückfederwinkels α2 innerhalb der geforderten Toleranzen nicht möglich. Mithilfe eines Finite Elemente Modells werden aktuell die Sensitivitäten unterschiedlichster Bauteil- sowie Prozessparameter untersucht und mithilfe experimenteller Versuche validiert. Dadurch wird eine akkurate Voraussage des Umformprozesses angestrebt, mit der zukünftig Statordesigns bewertet werden können.
Laufzeit: 12.2017 - 11.2020
a) Prinzipieller Aufbau des Versuchswerkzeugs
b) Prozesskette zur Herstellung eines Kolbenbolzens
c) Abstreckgleitziehen und Ausstoßen eines Hohlkörpers mit komplexer Innengeometrie
Im Rahmen dieses Kooperationsprojektes zwischen dem IFU Stuttgart und der Zwez-Chemie GmbH wird ein Verfahren entwickelt, welches die Herstellung von Hohlbauteilen mit einer komplexen Innengeometrie und einem Länge-zu-Durchmesser-Verhältnis von L/D>2 durch Kaltmassivumformung ermöglicht. Hierbei sollen die Vorteile der Kaltumformung, wie der günstige Faserverlauf und die Kaltverfestigung des Bauteils, genutzt werden. Das Projekt beinhaltet die Entwicklung, Konstruktion und Inbetriebnahme eines geeigneten Werkzeug- und Schmierstoffsystems zur Fertigung des Kolbenbolzens als Hohlbauteil, wobei das Umformwerkzeug vom Institut für Umformtechnik und das für diesen Prozess geeignete Schmierstoffsystem von Fa. Zwez-Chemie GmbH entwickelt werden. Das Versuchswerkzeug soll sowohl die Umformung als auch das Ausstoßen des Bauteils ermöglichen. Die hierbei im Mittelpunkt stehende, helixförmige Innengeometrie des Kolbenbolzens mit einem Schrägungswinkel β soll numerisch optimiert werden, wobei die Formfüllung, das Bauteilgewicht und die Bauteilsteifigkeit, als Hauptkriterien definiert sind. Neben dem Rippenquerschnitt wird auch der Schrägungswinkel der Pressteile variiert und deren Einfluss bezüglich der Hauptkriterien der Formtreue der Innengeometrie und des Ausstoßens aufgrund der kraft- und formschlüssigen Verbindung zum Dorn vertieft untersucht. Ziel des Projektes stellt die Verbesserung des Werkzeug- und Schmierstoffsystem zur Optimierung der Umform- und Ausstoßoperation bei der Kaltmassivumformung von Hohlbauteilen mit komplexer Innengeometrie dar.
Laufzeit: 12.2017 - 11.2020
a) Scherfläche unter Variation der Schnittgeschwindigkeit an 15MnCr5; b) Scherwerkzeug
Der Einsatzbereich des Hochgeschwindigkeitsscherschneidens (HGSS) zur Erzeugung von möglichst volumenkonstanten Stangenabschnitten für die Massivumformung ist zurzeit aufgrund der stark limitierten Kenntnisse bezüglich diverser Prozessparameter noch stark beschränkt. Momentan werden die Prozessparameter mittels empirischer Versuche für konkrete Durchmesser bzw. spezifische Werkstoffe gewonnen und können daher nicht direkt auf andere Werkstoffe oder Stangendurchmesser übertragen werden. Dieses Verfahren besitzt das Potential, die Produktivität und die Qualität des gescherten Halbzeugs signifikant zu steigern und ebenso die Materialausnutzung zu maximieren.
Im Rahmen dieses Forschungsprojekts wurde eine breite Datenbasis experimentell erzeugt, um die unbekannten Einflüsse bzw. Wechselwirkungen im Scherprozess zu erfassen. Zunächst wurde von der MPA Stuttgart eine Materialcharakterisierung vorgenommen. Diese bildete die Basis für die Simulation des Trennprozesses, welche vom Fraunhofer IWM in Freiburg durchgeführt wurde. Am IFU wurde eine Versuchsanlage aufgebaut, mit welcher die experimentellen Trennversuche zur Validierung der Simulation erfolgten. Dabei wurden diverse Prozessparameter variiert und deren Einfluss auf das Trennergebnis ausgewertet. Abschließend wurden Versuche zum Scheren von Stangen mit relativ großen Durchmessern und zum Einfluss unterschiedlicher Trennverfahren auf die Eigenschaften der Trennflächen durchgeführt. Anhand eines sich anschließenden Napf-Rückwärts-Fließpressprozesses konnte ein deutlicher Zusammenhang zwischen Trennverfahren und Qualitätsmerkmalen der erzeugten Pressteile nachgewiesen werden. Aus den durch HGSS und Drehen abgetrennten Halbzeugen wurden Pressteile mit einer vergleichbar guten Lagegenauigkeit und Oberflächenbeschaffenheit gepresst. Beim Pressen von unter Einsatz des konventionellen Scherschneidens hergestellten Halbzeugen wurden hingegen beträchtlichen Koaxialitätsabweichungen durch die Auslenkung des Napfstempels und eine gröbere Oberflächenrauheit der Napfinnenoberfläche durch die raue Scheroberfläche festgestellt.
Laufzeit: 01.2017 - 07.2019
a) Vorform und Verzahnung; b) Einseitiger Materialfluss in die Kavität
Die stetig steigenden Anforderungen an mittels Massivumformung hergestellter Bauteile erfordern neue innovative und wirtschaftliche Fertigungsverfahren. An einem rohrförmingen Bauteil aus dem Fahrwerkbereich von PKW wird eine spezielle stirnseitige Verzahnung aufgeprägt. Für eine vollständige Ausformung der Zähne bei der Prägeoperation ist der Kraftbedarf bei Raumtemperatur sehr hoch, was wiederum in einer hohen Flächenpressung zwischen Werkstück und Werkzeug resultiert. Infolgedessen kann unter Berücksichtigung einer maximal zulässigen Werkzeugbelastung nur eine unvollständig ausgeformte Verzahnung erzeugt werden. Die umformtechnische Herstellung einer derartigen Stirnverzahnung ist folglich aktuell nicht ohne weiteres möglich, weshalb heute eine spanende Nachbearbeitung der Teile erforderlich ist. Im Rahmen des Forschungsprojektes wurde untersucht, ob mit einer Rohteilerwärmung in den Lauwarmbereich eine bessere Ausformung der Formelemente erzielt werden kann. Weiterhin wurde im Zuge des Projektes ein alternatives Verfahren untersucht, mit welchem die Verzahnung bei Raumtemperatur in zwei Umformschritten erzeugt werden kann. In der ersten Stufe werden mittels Kaltfließpressen Anhebungen erzeugt, die in der nachfolgenden Stufe unter einer relativ geringen Werkzeugbelastung zu Zähnen umgeformt werden.
Basierend auf numerischen Untersuchungsergebnissen wurde ein zweistufiges Versuchswerkzeug konstruiert und gefertigt, mit den der experimentelle Machbarkeitsnachweis des entwickelten Verfahrens erfolgte.
Laufzeit: 10.2016 - 01.2019
Werkzeugaufbau und Pressteil zur Herstellung von rohrförmigen Halbzeugen
Die primären Forschungsziele umfassen die Erarbeitung und Bewertung technologischer Maßnahmen zur Herstellung rohrförmiger Halbzeuge durch das kombinierte Umformverfahrene Napf-Rückwärts-Fließpressen und Lochen sowie die Erweiterung der Verfahrensgrenzen. Durch das kombinierte Fließpressverfahren können die Stempelkräfte, als auch der Bruchflächenanteil reduziert und so eine Verfahrensgrenzenerweiterung erzielt werden. Koaxialitätsfehler, die bei der Herstellung rohrförmiger Halbzeuge mittels einer konventionellen Verfahrensfolge entstehen, lassen sich durch diese Verfahrenskombination reduzieren. Durch die einstufige Verfahrenskombination besteht gegenüber einer konventionellen Verfahrensfolge die Möglichkeit, dünnwandige, rohrförmige Ausgangsgeometrien mit hohen Genauigkeiten und geringem Bruchflächenanteil in einer einzigen Umformstufe herzustellen. Somit ergeben sich wirtschaftliche Vorteile und darüber hinaus eine Verbesserung der technologischen und funktionellen Eigenschaften der fertigen Bauteile gegenüber dem heutigen Stand der Technik.
´Laufzeit: 06.2015 - 03.2018