Massivumformprozesse zeichnen sich durch relativ hohe Flächenpressungen auf den Wirkflächen des Umformwerkzeuges oftmals in Verbindung mit nicht vernachlässigbaren elastischen Deformationen des Umformwerkzeuges aus. Relativ hohe Temperaturen in der Serienproduktion zwischen 150 °C und 1200 °C machen für diese Verfahren die Integration geeigneter Sensoren und Aktuatoren oftmals schwierig. Die Forschungsprojekte der letzten Jahre auf diesem Gebiet haben daher zum Ziel, mithilfe von indirekten Prozessgrößen und der Meta-Modelltechnik geeignete Algorithmen zu entwickeln, welche die Aktivierung etablierter Aktuatoren zwischen den Hüben des Stößels ermöglichen. Aktuelle Projekte schließen dynamische Regleranpassungen auf Basis von gelerntem Prozesswissen während der Serienproduktion dabei mit ein.
Das Projekt EMuDig 4.0 adressiert die Einführung digitaler Technologien in die Prozesskette der Massivumformung zur Schaffung einer selbstlernenden Datenbasis für ein verbessertes durchgängiges Produktengineering und für eine deutliche Erhöhung der Prozessfähigkeit. Die prototypische Umsetzung und der Nachweis der technischen und wirtschaftlichen Machbarkeit erfolgt modellhaft am IFU in Zusammenarbeit mit IAS der Universität Stuttgart und exemplarisch in zwei Produktionsunternehmen. Die interdisziplinäre Zusammenarbeit umfasst dabei die Entwicklung, Erprobung und Bewertung einer methodischen Vorgehensweise, wobei die Erfassung, die cloudbasierte Speicherung, die Verarbeitung, die Analyse und die Regelung der Produktionsanlagen realisiert wird. Ein Schwerpunkt des Teilprojekts ist die Entwicklung, Umsetzung und Bewertung von Möglichkeiten zur Rückverfolgbarkeit von einzelnen Werkstücken und kleinsten Losgrößen. Die durchgeführten Tests haben gezeigt, dass eine lückenlose Rückverfolgbarkeit einzelner Aluminiumteile in der Prozesskette der Warmumformung durch Lasermarkierung prinzipiell möglich ist. Erst die Möglichkeit der lückenlosen Nachverfolgung ermöglicht ein
bauteilspezifisches Steuerungssystem. Darüber hinaus wird es möglich, Abweichungen während des Prozesses genau auf einzelne Komponenten oder Kleinstchargen zuzuordnen. Die serienähnliche Prozesskette am IFU erlaubt es, aktiv den Umformprozess cloudbasiert zu regeln sowie durch Informationen aus dem Umformprozess auf die entstehenden Bauteileigenschaften rückzuschließen bzw. diese durch definierte Prozessänderungen zu beeinflussen. Hierzu wurden im Vorfeld Zusammenhänge zwischen den existierenden Prozessgrößen und den resultierenden Regelgrößen simulativ ermittelt und experimentell validiert. In der letzten Projektphase sollen Prozessmerkmale mittels maschinellen Lernens zur Regelung des Umformvorgangs genutzt werden.
Laufzeit: 10.2016 - 10.2019
Durch kombiniertes Vorwärts- und Rückwärts-Fließpressen hergestellter Kolben (alutec)
Ziel dieses Projektes bildet die Entwicklung eines Verfahrens und eines Werkzeugkonzeptes zur umformtechnischen Erzeugung von dünnwandigen (doppelnapfförmigen) Bauteilen mit einem oder mehreren vom Bauteilboden ausgehenden Zapfen auf einer oder beiden Seiten durch das kombinierte Fließpressen. Die oben genannten Nachteile eines kombinierten Fließpressvorganges sollen durch die Anwendung einer spezifischen Kinematik der Matrize (Pressbüchse) kompensiert werden. Gemäß dem Prozessverständnis soll die Matrize im Allgemeinfall mit einem bestimmten Geschwindigkeitsprofil bewegt werden, um durch die in der Wirkfuge entstehende Reibkraft den Werkstofffluss zu steuern. Für den Fall einer zur Äquatorialebene symmetrischen Bauteilgeometrie ist eine Matrizengeschwindigkeit in Stempelbewegungsrichtung und in der Höhe einer halben Stempelgeschwindigkeit erforderlich. Damit werden relativ symmetrische bezüglich der Äquatorialebene kinematische Prozessbedingungen realisiert.Ausgehend von einer Fertigteil-Sollgeometrie kann bei oben genannten Prozessen durch Kopplung von Software für FEM-Umformsimulation (simufact.forming) und CAEMehrzieloptimierung (optiSLang®) ein gemäß vorher definierter Zielfunktion optimales und robustes Prozessdesign ermittelt werden.
Mit den experimentell validierten Simulationsmodellen wurden für verschiedene kombinierte Fließpressprozesse die eingesetzten Optimierungsstrategien mit verschiedener Fertigteil-Sollgeometrie betrachtet. Im Anschluss daran wurde das gesamte Vorgehen anhand von mehreren Umformversuchen experimentell validiert.
Laufzeit: 10.2011 - 06.2014
Ein am IFU verfolgter Ansatz zur Regelung von Massivumformprozessen ist die Integration von zusätzlichen, hydraulischen und regelbaren Werkzeugachsen in Kaltmassivumformwerkzeuge. Diese sollen mithilfe entsprechender Messeinrichtungen und entsprechender Aktoren auf den Umformprozess regelnd einwirken können. Die Robustheit von Umformprozessen und damit auch die Stabilität gegenüber signifikanten Streuungen der Eingangsparameter kann mit derartigen Werkzeugkonzepten erhöht werden, ohne robuste Eingangsgrößenkombinationen anstreben zu müssen. Darüber hinaus besteht durch gezielte Relativbewegungen von Werkzeugteilen die Möglichkeit, den Stofffluss bei Verfahrenskombinationen zu steuern oder Verfahrensgrenzen von Umformprozessen zu erweitern Vorteilhafte Werkzeugkinematiken werden im Rahmen des Projekts durch Kopplung von Software für FEMProzesssimulation und Mehrzieloptimierung für verschiedene Beispielprozesse virtuell bestimmt und experimentell validiert.
Untersuchungen zum Napf-Rückwärts-Fließpressen und zum kombinierten Fließpressen haben gezeigt, dass die Regelung von Massivumformprozessen mit dem Ziel der Robustheitsverbesserung bzw. optimierter Relativbewegungen möglich sind.
Laufzeit: 01.2012 - 02.2014
Prozesskette zum Schmieden von Hochleistungsbauteilen mit thermomechanischer Behandlung und anschließendem Lauwarmumformen aus der Schmiedehitze
Beim Herstellen von typischen Serienbauteilen für Fahrzeuge (z. B. Achsschenkel oder Antriebswellen) mittels Schmieden und anschließendem Zerspanen beträgt der Anteil der mechanischen Bearbeitung ca. 40-70 % der Gesamtproduktionskosten. Dieser Anteil der Produktionskosten wird heutzutage unter sehr genauen Richtlinien optimiert; erstens aufgrund der technischen Verbesserungen durch den kontinuierlichen Fortschritt der spanenden Bearbeitung und zweitens durch das Reduzieren teurer spanender Bearbeitungsoperationen. Durch Betrachtung der Gesamtenergie in Bezug auf die thermomechanische Umformkette mit isothermem Halten am Ende des Prozesses ist ersichtlich, dass Energie in den Werkstücken in Form von Prozesswärme verfügbar ist, jedoch derzeit nicht genutzt wird und somit ein technischer Vorteil nicht verwertet wird. Um genau diese Prozesswärme zu nutzen, beinhaltet der Begriff „Umformen bei erhöhten Temperaturen oder Lauwarmumformung“ im Folgenden das Verwenden der Schmiedehitze.
Ziele des Forschungsprojektes:
- Es sollen technologische Maßnahmen zur Erweiterung der Verfahrensgrenzen beim Kaltumformen von geschmiedeten Bauteilen aus hochfesten Stählen durch Lauwarmumformung erarbeitet werden
- Verbesserung der funktionalen Eigenschaften der Bauteile und Beurteilung der Effizienz des Umformens mit erhöhten Temperaturen
Laufzeit: 11.2010 - 10.2013