Tribologie in der Blechumformung

Forschungsthemen im Bereich "Umform- und Schneidverfahren"

Tribo-Systeme in der Blechumformung werden durch spezifische Oberflächentopografien der Blechhalbzeuge, der Werkzeuge sowie durch die Menge und Eigenschaften der verwendeten Schmierstoffe charakterisiert. Sie beeinflussen damit maßgeblich die im Werkzeug wirkenden Umformkräfte, Relativbewegungen und Temperaturen. Inhalte von Forschungsprojekten am Institut bilden daher die Qualifizierung von Funktionsschichten auf Umformwerkzeuge, Modellierungsfragen zur Abbildung tribologischer Effekte in der Prozesssimulation und Untersuchungen zur Eignung nachhaltiger Schmierstoffsysteme.

Streifenziehanlage mit Umlenkung zur Untersuchung des Reibungsverhaltens an Werkzeugradien


In der Blechumformung kommen in der Regel Mineralöle und öl-wasserbasierte Emulsionen als Schmierstoffe zur Vermeidung von Verschleiß und Bauteilbeschädigungen sowie zur Verbesserung der Reibverhältnisse zum Einsatz. Diese konventionellen Schmierstoffe beinhalten zum einen umweltgefährdende Additive und zum anderen müssen die Bauteile anschließend gereinigt werden. Durch den Einsatz flüchtiger Medien als Schmierstoffersatz kann dieser Problematik begegnet, Produktionskosten gesenkt und die Prozessstabilität erhöht werden. Zur Realisierung dieser Ziele werden in diesem Forschungsvorhaben flüchtige Medien wie Stickstoff oder flüssiges Kohlenstoffdioxid direkt in die Wirkfuge zwischen Blech- und Werkzeugoberfläche über lasergebohrte Mikrolöcher im Umformwerkzeug zugeführt. In weiterführenden Untersuchungen konnten hervorragende Ergebnisse bezüglich der Prozessstabilität und der Erweiterung der Prozessgrenzen anhand eines tiefgezogenen Rechtecknapfs nachgewiesen werden. Hierbei konnte die Reißergrenze um bis zu 250% im Vergleich zu einer konventionellen Schmierung angehoben werden. Weiterführende Untersuchungen zur Charakterisierung des neuartigen tribologischen Systems an hochbelasteten Werkzeugradien zeigen das hohe Potential dieses Schmiersystems auf. Für die Evaluierung und Optimierung des Verschleißverhaltens sind Dauerlaufversuche mit der bereits erprobten Rechteckgeometrie geplant.


Laufzeit: 03.2018 - 02.2020

Gerd Reichardt, M. Eng

Versuchswerkzeug mit integrierter Messtechnik zur kontinuierlichen Messung des tribologischen Systems.


Reibungszahlen für die Simulation werden aktuell aus einfachen Modellversuchen wie dem Streifenziehversuch ermittelt. Um die Vorhersagegenauigkeit der Simulation zu erhöhen muss jedoch eine genaue Kenntnis des tribologischen Systems vorliegen. Ziel dieses Forschungsprojekts ist es, die Modellebene bei der Bestimmung von lokalen Reibungszahlen verlassen zu können und somit die getroffenen Vereinfachungen zu reduzieren. Dies wird über eine neuartige In-situ Messung der Rückhaltekräfte realisiert.
Sensoren, die 3 mm unter der Werkzeugoberfläche eingebracht wurden, messen die durch das tribologische System hervorgerufenen Änderungen der elastischen Deformation der Werkzeugstruktur. Durch dieses Messprinzip werden die Werkzeugaktivflächen nicht berührt und es tritt keine Beeinflussung des Umformergebnisses auf. Ergebnisse zeigen, dass die so gemessenen zeitlich und lokal veränderbaren Rückhaltekräfte in die Simulation integriert werden können und den Umformprozess so mit einer verbesserten Vorhersagegenauigkeit abbilden können. Weiterhin konnte die Veränderung des tribologischen Systems beim Werkzeuganlauf in einem seriennahen Dauerlaufprozess abgebildet werden. Simulationen mit den so gemessenen Rückhaltekräften bilden die Realität genauer ab als bei Verwendung von konventionell ermittelten Reibungszahlen.


Laufzeit: 02.2013 - 01.2017

Kim Rouven Riedmüller, Dr.-Ing.

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