Der verstärkte Einsatz von hoch- und höchstfesten Stahlblechwerkstoffen im PKW-Karosseriebau erfordert neuartige Schneidverfahren bzw. daran spezifisch angepasste Verfahrensparameter. In simulativen und experimentellen Untersuchungen am Institut werden neu entwickelte Schneidverfahren unter Labor- sowie unter Serienbedingungen in Einzel- und Langzeitversuchen erprobt und weiterentwickelt. Fragen nach der geeigneten Festlegung der Prozessparameter, nach Werkzeugwerkstoffen uvm. stehen dabei im Mittelpunkt der Forschungsarbeiten.
Kombiniertes Konter-/Nachschneiden a) Vorlochen und Anprägen in der ersten Stufe b) gekontertes Nachschneiden in Gegenrichtung in der zweiten Stufe
Die Kantenrissempfindlichkeit schergeschnittener Kanten ist im Vergleich zu spanend hergestellten Kanten deutlich ausgeprägter. Hierbei spielt das Restumformvermögen in der Schnittkante eine entscheidende Rolle. Bedingt durch diese deformierte Gefügestruktur und die Kaltverfestigung in der Schnittfläche entstehen Kantenrisse bei darauffolgenden Umformoperationen. In der Praxis wird das zweistufige Nachschneiden angewandt, um das Umformvermögen im Weiterzug zu steigern. Beim klassischen Nachschneiden wird in der ersten Stufe konventionell gelocht. In der zweiten Stufe verringert das Nachschneiden, bedingt durch den kleinen Schneidspalt und den einhergehenden reduzierten Werkstofffluss in der Schneidzone, die Aufhärtung der Kante durch Scheren. Beim Nachschneiden entsteht wie beim Normalschneiden ein Schnittgrat am Bauteil. Mit der stetig steigenden Qualitätsanforderung an umformtechnisch hergestellten Blechbauteilen und dem Anspruch an die technische Sauberkeit im Prozess wird die Forderung nach Grat- und Flitterfreiheit im Herstellprozess heute immer deutlicher.
Ziel dieser Untersuchung ist die Entwicklung eines neuen Verfahrens, mit dem durch einen zweistufigen Prozess gratfreie Schnittkanten mit einer geringen Kantenaufhärtung hergestellt werden können. Eine Kombination des Nachschneidens mit dem Konterschneiden ermöglicht eine Reduzierung der Härteerhöhung durch den Trennvorgang an schergeschnittenen Kanten und zugleich gratfreie Schnittflächen mit einem hohen Glattschnittanteil. Der Anwender benötigt somit keinen nachgelagerten Prozess zum Entgraten der Bauteile, da die Schnittgratbildung direkt durch den Konterschneidprozess verhindert wird.
Laufzeit: 08.2018 - 07.2020
a) Werkzeugaufbau und b) max. Stempelauslenkung aufgetragen über dem Blechlagewinkel
Das Beschneiden und Lochen von bereits umgeformten Strukturbauteilen erfolgt in der Produktion häufig unter Abweichung vom (optimalen) Winkel von 90° zwischen Blech und Stempel. Weicht dieser Winkel von 90° ab, so wird die Winkeldifferenz als Blechlagewinkel bezeichnet. Als problematisch erweisen sich die beim Lochen mit Blechlagewinkel auftretenden Querkräfte. Diese Querkräfte bewirken eine horizontale Stempelauslenkung. Im Extremfall kollidiert der ausgelenkte Schneidstempel mit der Schneidmatrize. In der Praxis wird aus diesen Gründen häufig versucht, das Schneiden mit Blechlagewinkel mit Hilfe von kostenintensiven Schieberwerkzeugen zu vermeiden. Der Einsatz von Schiebern erfolgt in der Industrie bereits bei relativ kleinen Blechlagewinkeln, da bislang keine empirisch abgesicherten Angaben zu den Prozessgrenzen bestehen.Im Rahmen eines von der EFB/ AiF geförderten Forschungsprojektes wurde ein Versuchswerkzeug entwickelt, welches die horizontale Stempelauslenkung messtechnisch im Prozess erfasst. In Abhängigkeit der untersuchten Versuchsparameter „Schneidspalt“, „Blechlagewinkel“, „Stempeldurchmesser“ und „Stempellänge“ konnten die Prozessgrenzen (maximal mögliche Blechlagewinkel) für die Versuchswerkstoffe HC340LA, DP600 und DP1000 mit hoher Genauigkeit ermittelt werden. Als Möglichkeit zur Reduktion (ca. 50%) der gemessenen Stempelauslenkung zeigte sich die Verwendung geeigneter Stempelanschliffe. Ein Folgeprojekt mit dem Ziel einer simulativ/ experimentellen Optimierung von Stempelanschliffen ist geplant.
Laufzeit: 03.2016 - 10.2018
Prinzip des zweistufigen Konterschneidens
Bedingt durch die Forderung nach gratfreien Bauteilen im Scherschneidprozess zur Einsparung von nachgelagerten
Prozessen, wie z.B. dem Trovalisieren, wurde 2015 ein neuer Arbeitskreis am IFU gegründet. Das Ziel des Arbeitskreises, bestehend aus der FGU mbH und einem Industriekonsortium aus ca. 10 Unternehmen, bildet das Erarbeiten und Auffinden von verbesserten Schneidparametern zum gratfreien Schneiden mit einer hohen Schnittflächenqualität und Prozessstabilität mittels des zweistufigen Konterschneidens.
Im Rahmen dieser Arbeiten für das Konsortium wurden zahlreiche experimentelle Parameterstudien mit einer
Rundloch- bzw. Trapezgeometrie zur Verbesserung der Schneidparameter beim zweistufigen Konterschneiden durchgeführt. Es konnten durch die gezielte Wahl von Prozessparametern gratfreie Bauteile mit einer hohen Schnittflächenqualität hergestellt werden. Anhand von Dauerlaufversuchen konnte zudem die Prozessstabiliät hinsichtlich Gratfreiheit in drei Versuchsreihen mit je 100.000 Hüben nachgewiesen werden.
Laufzeit: 11.2015 - 10.2017
3D- Auswertung des Körperschallsignals beim Schneiden mit einem neuwertigen und einem verschlissen Schneidstempel
Im Rahmen dieses Fördervorhabens werden in Zusammenarbeit mit der der Firma QASS GmbH grundlegende physikalische Mechanismen zur Bestimmung des Verschleißes an Scherschneidwerkzeugen im Prozess untersucht. Da eine direkte Messung des Verschleißes aufgrund der hohen Hubzahl und der Unzugänglichkeit des Prozesses nicht möglich ist, wird auf eine indirekte Messung mittels Körperschall und Schneidkraftmessung zurückgegriffen. Der Fokus der Untersuchung liegt dabei auf der Korrelation des Verschleißes an Stanzwerkzeugen in Stanz-Nibbelmaschinen mit Körperschall- und Kraftsignalen. Zwar existieren bereits auf Kraft- und Körperschallsignal basierende Auswerteverfahren, bei denen über eingelernte Signalverläufe Werkzeugbrüche und Fremdkörper wie Späne oder Stanzschrott erkannt werden, jedoch fehlt ein Verfahren, das zuverlässig den Verschleiß an einem Schneidwerkzeug quantifizieren kann und somit durch rechtzeitiges Erkennen verschlissener Werkzeuge Ausschussteile vermeidet und Stempelbrüchen und Produktionsunterbrechungen vorbeugt. Die Besonderheit bei der Entwicklung des neuartigen Messgeräts liegt in der dreidimensionalen Echtzeitauswertung (Zeit, Frequenz und Amplitude) des Körperschallsignals in Kombination mit der Schneidkraftmessung, wodurch sich Veränderungen des Schneidvorgangs sehr genau detektieren lassen. Nach umfangreichen Analysen des Schneidprozesses konnte mit einem ersten Prototyp des Messgeräts die prinzipielle Machbarkeit der in-situ-Verschleißmessung nachgewiesen werden. Die Herausforderung bei der weiteren Umsetzung besteht nun in der Integration robuster Verschleißalgorithmen im Messgerät.
Laufzeit: 06.2014 - 12.2015