Die Entwicklung und Umsetzung neuer Verfahren und Prozesse zur Herstellung von Blechbauteilen steht im Mittelpunkt der Forschungslinie Blechumform- und Schneidverfahren. Die Anwendungsgebiete der Blechumformung reichen am Institut von Sonderverfahren für den Einsatz neuartiger Werkstoffe bis hin zur Optimierung und Kombination etablierter Verfahren wie dem Tiefziehen, dem Streckziehen oder dem Prägen. Neuartige Umformverfahren werden im frühen Entwicklungsstadium mithilfe der von CAD- und FEM-Technologien modelliert und bewertet. Die institutseigene Werkstatt erlaubt die Herstellung von Prototypen und Versuchswerkzeugen, anhand derer das grundsätzliche Funktionsprinzip nachgewiesen und das Verfahren in Hinblick auf Wirtschaftlichkeit, Serientauglichkeit und technische Wertigkeit untersucht werden kann.
Versuchswerkzeug und Versuchsprobe mit Nachlaufkante
Die Oberflächenqualität von Bauteilen aus relativ geringen Blechdicken ist insbesondere dann von entscheidender Bedeutung, wenn diese im endmontierten Zustand im Sichtbereich liegen. Aus diesem Grund wird heute versucht, Oberflächendefekte wie Anhieb- und Nachlaufkanten, die bei der Herstellung solcher Sichtbauteile auftreten können, bereits im frühen Entwicklungsstadium möglichst genau mittels FEM-Simulationen zu prognostizieren. Mit den aktuell verwendeten Modellierungsansätzen ist eine solche frühzeitige Aussage bezüglich der zu erwartenden Oberflächenqualität in expliziter Form jedoch nur bedingt möglich. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die Ausprägung von Anhieb- und Nachlaufkanten, welche häufig erst im Laufe der Werkzeugerprobung erkannt werden. Die dadurch nötigen Nacharbeiten sind zu diesem späten Entwicklungsstadium mit einem sehr hohen Zeit- und Kostenaufwand verbunden.
Ziel dieses Forschungsvorhabens ist daher die Entwicklung einer empirisch basierten Methodik zur Prognose und Quantifizierung der Ausprägung von Anhieb- und Nachlaufkanten in der Tiefziehsimulation. Hierfür werden zunächst die Einflüsse der Prozess- und Werkstoffparameter auf die Ausprägung von Anhieb- und Nachlaufkanten systematisch sowohl simulativ als auch experimentell untersucht. Anhand der gewonnenen Erkenntnisse wird dann ein Kriterium für die FEM-Simulation entwickelt und validiert, mit welchem zukünftig Anhieb- und Nachlaufkanten hinsichtlich ihrer Ausprägung und Qualitätsrelevanz realitätsnah prognostiziert werden können.
Laufzeit: 10.2018 - 09.2020
Versuchswerkzeug zur Validierung analytischer Modelle der Niederhalterbeschleunigung in Großwerkzeuge
Die Festigkeitsberechnung von Großwerkzeugen hat das Ziel, den sicheren und robusten Betrieb von Werkzeugen für Zieh- und Folgeoperationen im Presswerk zu gewährleisten. Die bestehenden, sehr konservativen Modelle zur Berechnung von Gusswerkstoffen führen in diesem Zusammenhang jedoch zu überhöhten Sicherheitsfaktoren bzw. -aufmaßen. Für die Auslegung von Werkzeugstrukturen im Hinblick auf heutige Betriebsparameter von Pressen sowie bei Reparaturen gilt es daher, die zur Verfügung stehenden Modelle dahingehend weiterzuentwickeln, dass den neuartigen Anforderungen der Werkzeugkonstruktion Rechnung getragen werden kann. Mit Blick auf den vermehrten Einsatz von Servopressen in Pressewerken müssen hierbei unter anderem steigende Stößelgeschwindigkeiten und erhöhte dynamische Werkzeugbelastungen berücksichtigt werden.
Die Weiterentwicklung der für die Werkzeugauslegung von heute benötigten Werkstoffmodellen bildet das Ziel dieser Forschungsarbeit. Hierfür werden modellbasierte Konstruktions-, Berechnungs- und Modellierungsvorschriften erarbeitet und experimentell validiert. Auftretende Lasten an kritischen Komponenten, wie Niederhaltern und Gussverschraubungen, werden anhand von Festigkeitsberechnungen bewertet sowie Anpassungen an Konstruktions- und Auslegungsgrundlagen vorgenommen. Die dadurch optimierte Werkzeugauslegung ermöglicht es, Prozessgrenzen bei der Herstellung von Karosserieteilen zu erweitern und dabei die Ausbringungsleistung zu erhöhen.
Laufzeit: 07.2018 - 07.2021
Schematische Darstellung des Funktionsprinzips der SCS-Technologie
Das Funktionsprinzip des SCS Verfahrens basiert auf Biege- und Reibvorgängen beim Ziehen eines Blechabschnittes über einen Ziehkantenradius. Die wesentliche Funktion des Werkzeugkonzeptes erfüllen hierbei mehrere ineinandergreifende konvexe Formelemente. Durch die spezifische Konstellation gezielt dimensionierter Ziehkantenradien der einzelnen Formelemente, wird ein kontrollierter Blecheinzug in den Formelementeverbund ermöglicht und damit eine Zugkraft am Platinenrand eingeleitet, die zu einem Vorrecken der Bleche führt.
Aus der technologischen Weiterentwicklung des SCS-Funktionsprinzips resultierten bis heute verschiedene seriennahe Werkzeugkonzept zum kombinierten Recken und Tiefziehen (z.B. Türaußenhaut, Dachbeplankung, Getränkedosen). Diese Werkzeugkonzepte wurden in umfangreichen Untersuchungen hinsichtlich ihrer Funktion und Reproduzierbarkeit der Bauteilqualität experimentell validiert. Weiter ermöglichen seriennahe Prozesszeiten und eine einfache Funktionsweise eine hohe Praktikabilität und Zugänglichkeit der SCS-Technologie.
a) Prinzipskizze des Werkzeugaufbaus und
b) Ausdünnung im Bauteil
Gasführende Systeme und Strukturelemente im Flugzeug- und Fahrzeugbau werden heute aufgrund deren hohen Leichtbaupotentials aus höchstfesten austenitischen Stählen, Titan- oder Aluminiumlegierungen mittels Innenhochdruckumformens (IHU) hergestellt. Die Herstellung solcher Hochleistungskomponenten mittels IHU-Prozessen erfordert jedoch zum derzeitigen Stand der Technik oft mehrere Umform- und Zwischenglühstufen, um das maximal mögliche Formänderungsvermögen der verwendeten höchstfesten Rohrwerkstoffe nicht zu überschreiten bzw. das bestmögliche Zielgefüge einstellen zu können. Daraus resultieren jedoch relativ hohe Rüstzeiten und Werkzeugkosten. Aus diesem Grund werden heute sowohl die Rohrhalbzeuge als auch die Umformwerkzeuge häufig zusätzlich erwärmt. Das Ziel der Forschungsarbeit besteht in der Entwicklung eines neuen Innenhochdruckumformprozesses für die Umformung komplexer Bauteile aus Titan. Durch die zu entwickelnde Fertigungstechnologie soll die Verarbeitung von Titanlegierungen bei erhöhten Temperaturen und mit gezielter Steuerung der Wanddicke sowie einer Im-Prozess Bauteilerwärmung im kalten Werkzeug möglich sein. Im Rahmen des Forschungsvorhabens wird von Fa. Hartmann + Gansler in Zusammenarbeit mit dem Institut für Umformtechnik eine neue Werkzeugtechnik für das Heissgassystem, ein induktives Thermomanagement im Werkzeug sowie eine neue Prozessführung für die Herstellung komplexer Rohrbauteilen entwickelt und umgesetzt.
Laufzeit: 05.2018 - 06.2020
Werkzeugaufbau für das „SCS-Cupping“
Im Rahmen dieses Forschungsprojektes wurde ein Verfahren zur Materialeinsparung bei Massenprodukten wie Dosen oder Batterien zur Reduzierung der Produktionskosten entwickelt. Die Entwicklung wurde am Beispiel der zweiteiligen 0,5L-Getränkedose erfolgreich durchgeführt. Der verfolgte Ansatz ist hierbei die Implementierung der am IFU entwickelten Short-Cycle-Stretch-Forming-Technologie (SCS) in den Cupping-Prozess zur Realisierung eines dem Tiefziehen vorgelagertem Streckziehen. Bei diesem Prozessschritt bietet sich eine vielversprechende Möglichkeit zur Einsparung. Bei konventioneller Herstellung wird der Napfboden nur geringfügig umgeformt, während durch die SCS-Technologie dieser Bereich ausgedünnt werden kann und eine Festigkeitssteigerung erreicht wird. In diesem Forschungsprojekt wurde eine Machbarkeitsstudie durchgeführt, ein darauf basierendes Werkzeug gefertigt und in Betrieb genommen. In experimentellen und simulativen Untersuchungen wurden verschiedene Einflüsse auf das Verfahren untersucht und Aspekte der Ziehbarkeit, Faltenbildung und resultierenden Bodenausdünnung und – verfestigung betrachtet. Basierend auf diesen Ergebnissen wurde eine Werkzeugoptimierung durchgeführt. Mit dem überarbeiteten Werkzeug wird eine Bodenausdünnung von bis zu 8 % an einem faltenfreien Bauteil realisiert. Dies entspricht in etwa einer Gesamtmaterialeinsparung von 1 % bei einer entsprechenden D&I-Dose (two-pieced drawn and ironed).
Laufzeit: 09.2012 - 12.2015